Pädagogisches Konzept

Bis zum siebten Lebensjahr eines Kindes wird die Grundlage für Gesundheit und individuelle Lebensentfaltung gelegt. Die Pädagogik Rudolf Steiners basiert auf drei Säulen:
Vorbild / Nachahmung

  • Rhythmus / Wiederholung
  • Pflege der Sinne

Für die Umsetzung im Kindergarten bedeutet es, dies im Tages-, Wochen- und Jahreslauf erlebbar zu machen.

Vorbild und Nachahmung

Das pädagogische Grundprinzip im ersten Jahrsiebt ist „Vorbild und Nachahmung“.
Das kleine Kind ist noch ganz mit seiner Umgebung verbunden. Nachahmung und wiederholtes Tun bestimmen das Prinzip des Lernens in der frühen Kindheit und führen das Kind stufenweise zur Schulreife.

Da das Kindergartenkind alles aufnimmt und verinnerlicht, was es in seiner Umgebung erlebt, wahrnimmt und beobachtet, legen wir im Kindergarten sowohl auf die äußere wie auf die innere Gestaltung großen Wert. Die Erzieherin sollte sich in ihrem Verhalten und ihren Tätigkeiten der Nachahmungsfreude der Kinder bewusst sein. Eine gesunde seelische, physische und geistige Entwicklung und Entfaltung des Kindes zu fördern und zu unterstützen ist ein zentrales Anliegen der Pädagogik Rudolf Steiners.

Neben Nachahmung, Rhythmus und der musisch-künstlerischen Erziehung ist die Förderung eines intensiven und nachhaltigen Spiels ein viertes zentrales Prinzip im Kindergarten. Uns ist es ein großes Anliegen jedes Kind in seiner Ganzheit und Individualität zu sehen und ihm Raum und Zeit zu geben, seine Persönlichkeit entwickeln zu können.

Rhythmus und Wiederholung

Träger des gesamten Lebens sowie der Gesundheit ist der Rhythmus, alles vollzieht sich rhythmisch:

  • die Planetenbahnen im Kosmos
  • das Pflanzenwachstum im Jahreslauf
  • Wachen und Schlafen des Menschen im Tageslauf

Der Erwachsene weiß um den wohltuenden Rhythmus seines Tages-, Wochen- und Jahreslaufes. Er wechselt am Tage zwischen Arbeiten und Ruhen, zwischen Essen und Verdauen, zwischen Gruppenerleben und Einzelbeschäftigung. Ein Kind hat noch keinen eigenen Rhythmus, kann seinen Tagesablauf noch nicht selbständig rhythmisch gestalten, dies übernimmt der Erwachsene, zu Hause die Eltern, im Kindergarten die Erzieherin. Hier sorgt sie dafür, dass der Tagesablauf sich im Großen und Ganzen unverändert täglich wiederholt. Was bleibt ist die Struktur : freies Spiel – Morgenkreis – Frühstück – freies Spiel draußen – Abschlusskreis, was sich ändert (ca alle 3-4 Wochen) sind die Inhalte der Reigen, Fingerspiele, Lieder und Geschichten. Durch diese Überschaubarkeit und Vorhersehbarkeit gewinnt das Kind die Erfahrung von Konstantem und Kontinuität, Geborgenheit und Schutz, Sicherheit und Urvertrauen.

Das Leben im Kindergarten kann verglichen werden mit dem Leben und Arbeiten in einer Großfamilie.
Die Erzieherinnen sorgen für einen rhythmisch gegliederten und geregelten Tagesablauf, der sowohl Haus- und Pflegearbeiten (wie Fegen, Spülen, Nähen, Bügeln, Handarbeiten, Aufräumen….) als auch handwerkliche und künstlerische Betätigungen enthält. Hinzu kommen Tätigkeiten, die in bestimmten Jahreszeiten an- stehen und in die Gestaltung der Feste einmünden.

Für das Kind bedeutet Rhythmus :

  • er gibt Kraft, Vertrauen, er trägt das Leben
  • wiedererkennen, zurückfinden, sich wohlfühlen
  • Wiederholung wird zur Gewohnheit
  • Bildet den Willen in gesunder Weise
  • Gesetzmäßigkeiten zu akzeptieren
  • Orientierung in der Zeit

Sinnes- und Kognitive Entwicklung

Grundverständnis der Sinnestätigkeit und Ausgangssituation des kleinen Kindes:
Die Sinne des Menschen sind die Tore zur Welt, durch sie nimmt er die Welt wahr, er erfährt von der Welt, er erfährt sich selbst im Verhältnis zur Welt.

Die zwölf Sinne des Menschen gliedern sich wie folgt :

  • Untere Sinne: Lebens-, Bewegungs-, Gleichgewichts- und Tastsinn
  • Mittlere Sinne: Geruchs-, Geschmacks-, Seh- und Wärmesinn
  • Obere Sinne: Hör-, Wort-, Gedamken- und Ichsinn

Das Ungeborene hat noch keinerlei Bewusstsein von sich selbst, es erlebt sich als eins mit der Umgebung. Das kleine Kind lernt durch seine vielfältigen Sinneserfahrungen allmählich die Welt und sich selbst kennen, es ist somit ganz Sinnesorgan und nimmt alle Eindrücke von außen ungefiltert auf. Alle Eindrücke wirken unmittelbar in die ganze Körperorganisation hinein, sie werden nicht durch Gedanken und Reflektion in ihrer Wirkung gebremst oder verändert.

Das Kind ist den Eindrücken offen und vertrauensvoll hingegeben, aber auch schutzlos ausgeliefert. Auf die Eindrücke reagiert das Kind mit Bewegungen, zunächst reflektorisch, dann mehr und mehr willkürlich individuell. So lernt es die Welt verstehen: durch greifen und begreifen! Nur so erlernt es die drei urmenschlichen Fähigkeiten: den aufrechten Gang, das Sprechen und Denken. Durch die Verarbeitung der äußerlichen und innerlichen Eindrücke bildet sich das Kind seine noch sehr weichen und plastizierbaren Organe aus. In erster Linie entwickeln sich in diesen ersten sieben Jahren das Nerven- Sinnessystem, das Gehirn reift aus. Wenn das Kind diesen Organreifungsprozess abgeschlossen hat, erst dann wird schulisches Lernen möglich. Durch eine reiche Sinnespflege werden sich die kindlichen Organe besser ausdifferenzieren und so gesund wie möglich entwickeln. Eine Verarmung der Sinneserfahrungen bei Kindern bewirkt tendenziell, dass sich das Verhältnis zum eigenen Körper ändert, z.B. Nervosität, Konzentrationsstörungen, Bewegungsstörungen.

Wie und wo geschieht Sinnespflege bei uns im Kindergarten ?

  • durch die Raumgestaltung und Raumatmosphäre (Abstimmung der Farben und Materialien
  • durch den als Vorbild wahrgenommenen Erwachsenen
  • im Ausdruck der Gesten des Erwachsenen und seinem Sprachgebrauch
  • beim Reigen, Fingerspielen und Handgestenspielen
  • beim Umgang mit Spielmaterialien drinnen und draußen
  • bei Tätigkeiten und körperlichen Berührungen
  • beim Essen (gesunde und naturnah produzierte Nahrung), bei der Kleidung
  • durch Wiederholungen
  • beim feiern von Festen
  • Verzicht auf elektronischen Medien

Die Sinneseindrücke wirken auf die Entwicklung des Leibes. Das gilt besonders für die unteren Sinne. Sie sind am stärksten leib-gebunden. Deshalb ist hier die Qualität der Sinneseindrücke von großer Bedeutung.